Zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen zogen Landrat Henry Graichen, die Gleichstellungsbeauftragte Konstanze Morgenroth, die zweite Beigeordnete Ines Lüpfert, Vertreterinnen der BWS und des Wegweiser e.V. die Fahne "Stopp! Keine Gewalt an Frauen" auf. Sie wird bis ersten Advent in der Stauffenbergstraße vor dem Landratsamt zu sehen sein.
Der internationale Aktions- und Gedenktag soll das öffentliche Interesse auf das Thema Gewalt gegen Frauen lenken und die Bekämpfung sowie Hilfen in den Mittelpunkt stellen. "Auch im Landkreis Leipzig spielt das Thema Häusliche Gewalt quasi täglich eine Rolle," stellt die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises fest. Die Zahlen bewegen sich seit Jahren auf ähnlich hohem Niveau.
"Die rund 500 Fälle an Häuslicher Gewalt sind nur jene, die wir offiziell kennen," erinnert Landrat Henry Graichen an des Dunkelfeld, das solche Taten umgibt. Und weiter: "Deshalb ist es wichtig, dass Frauen ihre Rechte kennen, um sich zu wehren zu können."
Polizeilich erfasste Fälle Häuslicher Gewalt im Landkreis Leipzig
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
511 | 498 | 593 | 452 | 496 |
Notrufnummer Landkreis Leipzig
Um diesen Zahlen entgegenzuwirken wurde am 25.11.2023 die Aktion "Gewaltfrei Wohnen im Landkreis Leipzig" gestartet. In über 1.000 Hausfluren großer Wohnungsbauunternehmen weisen Plakate auf die einheitliche Notrufnummer für von Gewalt betroffenen Frauen im Landkreis Leipzig hin. Weil Häusliche Gewalt in den meisten Fällen im familiären Nahfeld stattfindet, ist eine Informationskampagne direkt in den Hausfluren besonders wirkungsvoll. Betroffene können in akuten Situationen das Beratungsangebot unmittelbar wahrnehmen. Unter 03437 708687 sind sieben Beraterinnen des Wegweiser e.V. im Schichtsystem rund um die Uhr zu erreichen.
Mit dieser Aktion sollen Betroffenen die Beratungs- und Hilfemöglichkeiten aufgezeigt werden und gleichzeitig auch zivilgesellschaftliches Engagement der Mietparteien gefördert werden. Das Thema Häusliche Gewalt wird dort benannt, wo es passiert und gleichzeitig das Umfeld sensibilisiert. Als weiteren Schritt ist im kommenden Jahr auch die Erweiterung und Modernisierung des Frauen- und Kinderschutzhauses im Landkreis Leipzig geplant.
Hintergrund zur häuslichen Gewalt in Sachsen und deutschlandweit
In Sachsen gab es im letzten Jahr 8.801 Fälle von Gewaltstraftaten (2021: 7.994 Fälle) im Bereich der Häuslichen Gewalt. Damit gab es 2022 eine Zunahme der Straftaten um 10,1 % gegenüber dem Vorjahr. Die größte Zunahme war bei den vorsätzlich einfachen Körperverletzungsdelikten gemäß § 223 StGB mit 12,4 % der Fälle. Dabei stellen zwei Drittel dieser Gewaltstraftaten Körperverletzungsdelikte (67,8 %) dar.
Es wurden 9.381 Personen Opfer Häuslicher Gewalt (2021: 8.481 Opfer; + 10,6 %) davon waren 71,9 % weiblich. Das entgegengesetzte Bild zeigt sich bei den 7.368 Tatverdächtigen (2021: 6.706 TV; + 9,9 %). Hier waren 23,4 % weiblich und 76,6 % männlich.
Bisher wurde das Lagebild auf Grundlage von Angaben aus dem Polizeilichen Auskunftssystem Sachsen (PASS) nach der Tatzeit erstellt (Vergleichbarkeit zwischen Bundesländern nicht möglich). Ab dem Berichtsjahr 2022 erstellt das Bundeskriminalamt ein Bundeslagebild zur Häuslichen Gewalt auf Grundlage von Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Der Bericht beinhaltet neben den bereits seit dem Berichtsjahr 2015 veröffentlichten Angaben zur Partnerschaftsgewalt nunmehr auch Daten zur innerfamiliären Gewalt.
Ausgehend von einem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) unter Beteiligung von Sachsen eine bundeseinheitliche Definition erarbeitet:
"Häusliche Gewalt beinhaltet alle Formen körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt und umfasst familiäre sowie partnerschaftliche Gewalt. Häusliche Gewalt liegt vor, wenn die Gewalt zwischen Personen stattfindet, die in einer familiären oder partnerschaftlichen Beziehung zusammenwohnen. Sie liegt auch vor, wenn sie unabhängig von einem gemeinsamen Haushalt innerhalb der Familie oder in aktuellen oder ehemaligen Partnerschaften geschieht."
Quelle: Beschluss 215. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 01. bis 03.12.2021 in Stuttgart auf Basis "Ergebnisbericht" Häusliche Gewalt" (Stand: 31.08.2021)
Auf den Fotos sind zu sehen: N. Albat, Selbsthilfegruppe für betroffene Frauen und Kinder bei häuslicher Gewalt, Landrat H. Graichen, K. Morgenroth, Gleichstellungsbeauftragte, A. Karthe, Bornaer Wohnbau- und Siedlungsgesellschaft mbH, C. Preuss Wegweiser e.V. Böhlen, I. Lüpfert 2. Beigeordnete und Aline Harzenmoser Wegweiser e.V. Böhlen
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